Katharina
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Das Wort bedarf einer Erklärung.
Koriandoli sind keine Gewürzpflanzen, sind Konfetti

Wie vieles, ursprünglich aus Italien verstreutes Volkskulturgut, hat es in andern Gegenden andere Namen angenommen, «Räppli» in Basel oder «Punscherli» im St.Galler Rheintal. «Konfetti» leitet sich als Plural vom italienischen «Confetto» ab und meinte jene Süssigkeiten, mit denen sich die maskierten Karnevalsteilnehmer bewarfen - mit überzuckerten Mandeln oder Nüssen. Seither berieseln farbige Papier - Konfettis auch unsere Fastnacht, Feste und Siegerehrungen. Als die Zürcher Papierkünstlerin Katharina Sochor - Schüpbach im Februar 2011 das Gastatelier in Hünenberg im Kanton Zug bezog, bemerkte sie als Erstes die unzähligen kleinen Farbpunkte, die auch vor ihrer Tür und im Gras lagen. «Deformation professionelle»: schnell stellte sich der Gedanke ein, daraus «etwas zu machen».

Guido Magnaguagno

Das Hünenberg - Koriandoli - Jahr
erwies sich als äusserst fruchtbar.

Wie die Bäume und Sträucher, die Blumen und selbst das Gras ihre Kleider tauschen und ihre Farbigkeit, wie von Jahreszeit zu Jahreszeit das Licht wechselt und damit die Stimmung, wie im Lauf eines Tages oder einer Nacht Wolken aufziehen oder Nebel aufkommt, so folgte Katharinas «Konfetti-Regen» jenen feinen Regungen, die das Schaffen und das Werk dieser Künstlerin ohnehin auszeichnen. Nur dass vielleicht mehr wie früher die Aussenwelt mitspielte, also die Natur. Und mit ihr ein neuer, freierer, ja manchmal wilder Rhythmus und eine Farbigkeit, die sich weniger am Kunstdenken, sondern an den Naturstimmungen und ihren «Gestalten» orientierte. Wobei dich «Organisch» und «Konkret» weiterhin befruchten, sind doch die äusseren Formen, die Grenzen gewissermassen, streng geometrisch bestimmt. Im Innern herrscht nicht gerade das Zufalls-Chaos des Konfetti-Wurfs, aber eine spielerische Gelassenheit des Augenblicks. Das erinnert an die schöne Geste von Hans Arp, der auch seine gelungensten Zeichnungen zu Ende seiner Dada-Zeit zerriss, um deren Partikel auf den Fussboden segeln zu lassen, wo er sie eben nach den «Gesetzen des Zufalls» getreu wieder fixierte. Diese Attitüde (Hans Arp) zeichnet das Hünenberg - Jahr der Katharina Sochor-Schüpbach aus. Es gelang ihr, gleichsam aus dem «Nichts», den weggeworfenen und bestenfalls zusammengewischten Abfällen, die sie wie weiland Schwitters auch regennass aufklaubte, weil sie dann ja besonders intensiv blinken, ein ganzes Konvolut zu gestalten, das dem Namen von Dorf und Gemeinde fast gerecht wird. Auf alle Fälle seiner Bevölkerung, die unabsichtlich Spuren in einer Welt hinterlassen hat, wo sich ein Volksbrauch und ein Kunstanspruch vermählen. Konfettis verströmen ihren Zauber durch ihre Farben-Frenesie, ihre Beschwingtheit, ihren Reigentanz, den ihnen die Hand mitgibt, sie sind das Feuerwerk der «Armen», atmen Vergänglichkeit und Anmut - alles, was Katharina Sochor - Schüpbach mit einer Empathie, die an Liebe grenzt, jedenfalls zu einer Passion ausgewachsen war, in adäquatester künstlerischer Form bewahrt und weiter sät.

Katharinas Hünenberg-Harvest, ihre «ticker-tape-parade».

Guido Magnaguagno,
Kunsthistoriker, Zürich