Katharina
Galerie Stäfa
Kugeln und Kleinformate
Kugeln und Kleinformate

Katharina Sochor-Schüpbach arbeitet mit einem recht gewöhnlichen Material, mit Papier und Karton, zumal mit ausgedienten Telefonbüchern. Doch bearbeitet und kombiniert sie dieses Material auf eine um so ungewöhnlichere Weise. Und viele ihrer Werke gehen auf eine prägende Kindheitserinnerung zurück, auf eine an sich kindliche Sichtweise, die sie schliesslich zu sehr komplexen Bildwirkungen führte: Wenn sie damals beispielsweise zum Einkaufen geschickt wurde, ging sie jeweils einem Bretterzaun entlang, durch den hindurch sie die Welt durch Streifen gegliedert wahrnahm. Am unmittelbarsten auf diese Sehweise zurückführen lassen sich wohl die Bilder, denen Fotografien zugrunde liegen – Fotografien, welche die Künstlerin in ihrem Garten, in der Natur, in den Berner Alpen aufnimmt, teils auch in Zeitungen findet, vorzugsweise auf den Wissenschaftsseiten: durch ihre fremdartige Schönheit beeindruckende Mikroaufnahmen, die dann durch die Vergrösserung entsprechend verfremdet werden. Die extremen Breitformate sind im übrigen keine Panorama-Aufnahmen, sondern entstehen durch die rapporthafte Wiederholung desselben Bildes. Zum Bild, zur Fotografie, kommt das andere wichtige Material, das Glas, aber nicht wie üblich als Scheibe darüber gelegt, sondern als Schichtung zahlreicher kleiner Scheibchen. Das ist ein höchst aufwendiges Verfahren, aber offenbar auch ein sehr sinnliches, das jedenfalls zu einem unverwechselbaren Ergebnis führt. Die Fotografie bleibt zwar als solche erkennbar, gewinnt aber durch die Reflexion der ungeschliffenen Glaskanten einen traumhaft-unwirklichen Zauber.

Kugeln und Kleinformate
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«Da denkt man zunächst an ein flächiges Bild, aber die Künstlerin fühlte sich herausgefordert, von der Urform der Kugel auszugehen.»

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Zu den neusten Arbeiten gehören schliesslich die Collagen, wobei wiederum ein an sich altvertrauter Begriff plötzlich in einem überraschenden neuen Licht erscheint. Da denkt man zunächst an ein flächiges Bild, aber die Künstlerin fühlte sich herausgefordert, von der Urform der Kugel auszugehen. Die schwierige Beziehung zwischen Fläche und Kugel kennen wir ja aus der Kartografie, wenn sich die Oberfläche eines Globus nicht wirklich befriedigend in einen Atlas übertragen lässt. Hier geschieht gewissermassen das Umgekehrte, was schon an die Komposition ganz neue Herausforderungen stellt. Denn diese Collagen kennen ja im Gegensatz zu den herkömmlichen kein Oben und Unten, Links und Rechts; nur der Magnet, der sie schliesslich an der Wand befestigt, legt wenigstens eine horizontale Achse fest. Und die Arbeit mit der Kugel und mit komplex geschichteten kleinsten Papierstückchen erfordert wiederum einen unerhörten handwerklichen Aufwand. Doch das Ergebnis ist auch hier unverwechselbar; und spürbar wird weniger die Mühsal, die dies kostete, als vor allem die Fülle von Geschichten, die hier verborgen und geborgen sind, die schöpferische Lust, die sich schon in der Auswahl der unterschiedlichsten bedruckten Papiersorten äussert: Von Fotografien bis zu Praliné- und Orangenverpackungen ist hier fast alles verarbeitet.

Martin Kraft
Kunsthistoriker

Kugeln und Kleinformate